Gerasa – oder auch gleichbedeutend mit dem heutigen modernen Namen Jerash – liegt auf Platz zwei der touristischen Sehenswürdigkeiten von Jordanien und somit musste auch ich diese Stätte endlich einmal gesehen haben.
Mit meiner Freundin Andrea und ihren beiden Besucherinnen und einer weiteren Freundin mit wiederum zwei Besuchern, machten wir diese Woche bei schönstem Frühlingswetter diesen Ausflug, um 40 km nördlich von Amman die sehr gut erhaltene und beeindruckende römische Ruinenstadt, die mitten in der modernen Stadt liegt, zu erkunden. Seit 1925 wird das Gebiet erforscht und Schätzungen zufolge, sollen erst 10 % der möglichen Funde entdeckt worden sein. Vieles wird wohl für alle Zeiten verschwunden oder verborgen bleiben, denn die heutige 50.000 Einwohner große Stadt wurde natürlich z. T. auf altes Gemäuer und ebenso aus alten Steinen der antiken Stadt gebaut.

von links: Andrea, Karin, Andrea, Karin – Ist das nicht witzig?
Ab 6000 v. C. gibt es bereits Hinweise auf eine Besiedlung des Ortes. Alle möglichen Völker mit ihren Kulturen und Religionen hinterließen ihre Spuren, bis 63 v. C. die Römer Gerasa eroberten und die Stadt sich im Laufe der Zeit vergrößerte. Das heutige für die Besucher zugängliche rund 90 Hektar große antike Stadtgebiet war damals das Geschäfts- und Repräsentationszentrum. Die Topografie gleicht anderen römischen Städten. Die von Kolonnaden gesäumte, mit Steinplatten belegte Haupt- und Flanierstraße, die Cardo Maximus, die sich über eine Länge von 700 Metern erstreckt, verläuft vom repräsentativen Südtor zum einfacheren Nordtor. Die Steinplatten verdecken einen Abwasserkanal und selbst heute sind noch die tief eingefahrenen Wagenräderspuren auf den glatt polierten Steinplatten zu sehen. Zwei von West nach Ost kreuzende Querstraßen führten über Brücken in den Ostteil von Gerasa.
Rundherum können noch die Überreste oder z.T. restaurierten Gebäude besichtigt werden. Unzählige Kirchen mit teilweise noch sichtbaren Mosaiken, Tempel, Synagoge, Moschee, Pferderennbahn und Theater warten darauf, abgelichtet zu werden.
Zwischen Vogelgezwitscher, blühenden Wildblumenwiesen und dem Ruf des Muezzins aus der nahegelegenen Moschee wandern wir stundenlang entspannt und fröhlich durch das riesige Areal und machen ab und an auch mal Pause wie dieser nette Wächter, der sich bereitwillig von mir fotografieren ließ:
Doch nun erst einmal der Reihe nach: Nachdem wir beim Besucherzentrum durch die überdachte markthallenanmutige Ansammlung von unzähligen Verkaufsständen mit allem möglichen Souvenir-Krimskrams endlich zum Ticketschalter kamen, konnte es los gehen.
Durch das Hadrianstor, welches 130 n. C. zur Erinnerung an den Besuch des Kaisers erbaut wurde und eine stolze Höhe von 21 Metern hat, gelangten wir linker Hand direkt zum Hippodrom. Diese 244 m lange Pferderennbahn bot mit ihrer Tribüne immerhin 15.000 Zuschauern Platz. Leider wurden aufgrund Besuchereinbußen Aufführungen aller Art in der heutigen Zeit eingestellt, hoffen wir darauf, dass sich dies in der Zukunft ändern wird.
Auf dem langen Weg parallel zum Hippodrom kamen wir an das ebenfalls unter Kaiser Hadrian erbaute Südtor, dort fand dann auch die Ticketkontrolle statt und wir bestaunten originelle Blumenbeet- Einfassungen, welche inmitten all dieser alten Steine irgendwie fehl am Platze waren.
Ein kurzes Stück weiter waren wir schon beim imposanten Ovalen Forum. Der Zweck dieses 90 x 80 Meter großen Platzes ist nicht ganz klar. Handels- oder Marktplatz, Opferplatz – die Meinungen gehen auseinander. Auf jeden Fall ist er mit originalen Steinplatten gepflastert und mit 56 ionischen Säulen begrenzt.
Das Forum mündet in den Cardo Maximus, wir jedoch gingen nach links, schauten uns die Überreste des Zeus Tempels an und betraten dann das Südtheater.
Dieses ist in den Berg gebettet bzw. wird von ihm abgestützt und es gehört zu den schönsten Bauwerken der Stadt.
Wie so vieles wurde auch dieses Theater beim schlimmen Erdbeben 747 zerstört und ab 1925 wieder restauriert. Auf 32 Sitzreihen haben ungefähr 4000 Besucher Platz. Glücklicherweise fand während unserem Besuch eine kleine Musikeinlage statt und junge arabische Besucher ließen es sich nicht nehmen, nach Männlein und Weiblein getrennt versteht sich – eine kleine Tanzeinlage zum Besten zu geben.
Die zahlreichen Zuschauer applaudierten kräftig und da viel mir auch direkt in meiner Nähe dieser Paradiesvogel auf. Sehr gewagt – finde ich…, vielleicht halte ich mich auch nur schon zu lange in arabischen Ländern auf?
Übrigens findet jährlich im Sommer das Jordan Festival mit Theateraufführungen, Konzerten, Literaturlesungen und jede Menge Folklore statt. Auch hierzu wird die Anlage genutzt, das Ovale Forum und die Theater bieten sich hierfür ja geradezu an.
Ganz beschwingt ging es weiter die kleine Anhöhe hinauf und dann schauten wir uns eine Reihe von Kirchenruinen an, bis wir zum imposanten Artemis Tempel kamen.
Zu Ehren Artemis, Tochter von Zeus, Jagd- und Fruchtbarkeitsgöttin und Schutzgöttin von Gerasa wurde dieser Tempel errichtet. Leider stehen von den ursprünglichen 32 Tempelsäulen nur noch 11, wobei man bei 9 Säulen die schönen korinthischen Kapitelle bewundern kann. Auch sonst ist dieser Tempel leider sehr zerstört.
Unser Weg ging weiter zum Nordtheater aus dem 2. Jh. n..C. Nach den ursprünglichen 800 Plätzen wurde es auf die doppelte Anzahl erweitert, was man sehr gut an dem Absatz erkennen kann.
Von hier oben hatte man einen herrlichen Ausblick auf das Tetrapylon, dem vierteiligen, quadratischen Monument, und dem Säulengang bis zum Nordtor.
Auch rechter Hand auf die Westbäder und die moderne Stadt Jerash.
Letztendlich ging es entlang des Cardo Maximus, dem gepflastertem Säulengang, an dem rechter Hand auch noch etliche angedeutete Gebäude und eine große Kathedrale liegen, wieder zurück über das Ovale Forum zum Ausgang.
Hier verabschiedete sich das Quartett Andrea-Karin von den anderen, denn wir wollten noch im libanesischen Restaurant Um Khalil in Jerash einkehren, was ich an dieser Stelle hier unbedingt empfehlen muss. War das köstlich! Ein perfekter Abschluss für einen perfekten Tag!
Mögen noch weiter folgen, in diesem Sinne, bis bald,
Gruß Karin