Steinpapier

Die Erfindung des Papiers und seiner Geschichte und Verbreitung dürfte uns allen wohl bekannt sein. Wie man überlieferten historischen Quellen entnehmen darf, wurde vor knapp 2000 Jahren dieses kostbare Gut in China erfunden. Ich ging schon in frühen Jahren sehr sorgsam mit Papier um, lernte während meiner Ausbildung, dass unbedingt auch die Rückseite eines Papieres zu bedrucken sei und auch die leere Rückseite eines Werbe- oder sonstigen unwichtigen Briefes als Schmier- und Konzeptpapier in Einsatz kommen kann und somit übers Jahr gerechnet, sich einiges an neuem Papier einsparen lässt. Auch ich praktiziere diese Methode bereits seit 38 Jahren und ich möchte nicht wissen, wie hoch der eingesparte Papierstapel bereits wäre. Ganz zu schweigen von den Kosten und den eingesparten Ressourcen. Mit den verschiedenen Arten von Papier hatte ich nie viel zu tun, berufs- und hobbymäßig arbeite ich nicht mit Spezialpapieren und kenne mich damit auch nicht aus. Heutzutage kaufe ich einmal im Jahr einen Pack Druckerpapier, mehr nicht.

Und heute im Jahr 2022 lese ich das erste Mal aufgrund eines verspäteten Geburtstagsgeschenkes über Steinpapier. Genauer gesagt über das weltweit erste klimapositive Steinpapier-Notizbuch. Nebst Wiesengras-Stift.

Zunächst war ich etwas ratlos. Steinpapier? Aus Stein? Wiesengras-Stift? Noch nie gehört!

Das sanfte Streicheln über das Papier fühlt sich tatsächlich anders an als gewohnt, total glatt, samtig, weich. Auf der Innenseite bestätigt sich mein Gefühl. Dort steht:

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Seidig-weiches Schreibpapiererlebnis. Auf Stein. Keine Bäume, kein Wasser, keine Säure, keine Bleiche, mit 100% Solarenergie hergestellt, klimakompensierter Transport, reißfest, wasserfest, bedruckt mit Sojatinte!!! Steinpapier wird zu 100% aus recycelten Materialien hergestellt. Notizbuch bitte in der Wertstofftonne entsorgen.

Wertstofftonne? Bei uns wäre dies der gelbe Sack. Aus was genau wird dieses Papier hergestellt, dass es in den gelben Sack soll? Meine allgemeine Recherche ergab, dass fein vermahlenes Kalksteinpulver mit Polyethylen-Harz als Bindemittel vermischt wird. Also doch wieder Kunststoff??? Soll dies am Ende umweltschonender sein als „normales“ Papier???

Ich muss weiter testen: Der Schnitt mit der Schere durchs Papier bringt nicht dieses gewohnte Geräusch zustande. Ganz weich fühlt es sich an, fast wie durch Stoff. Ich versuche es zu zerreißen. Es zieht sich wellig in die Breite wie eine ganz weiche Folie und gibt schließlich nach größerer Anstrengung nach und reißt entzwei. Ich mache es nass, es durchweicht nicht, ich halte ein brennendes Streichholz daran, es brennt nicht herkömmlich, es schmort eher zusammen und ein etwas unangenehmer Schmorgeruch entsteht und ich lösche den restlichen Brandherd mit Wasser ab. Da entsteht an der Asche ein schmieriger Film, beim Zerreiben zwischen den Fingern hat mein Steinmehl. Faszinierend! Ich hänge ein Stück Papier nach draußen an einen Baum. Dieses soll sich anhand der UV-Strahlung zu Stein zersetzen, bin mal gespannt wie lange dies dauert.

Muss ich nun meine Notizen, deren geistiger Inhalt definitiv nicht für den gelben Sack bestimmt sind, separat im Aktenvernichter zerkleinern um sie dann dem gelben Beutel zuzuführen? Oder regelmäßig ein kleines Lagerfeuer entzünden? Fragen über Fragen…

Fakt ist, dass ich dieses Notizbuch sicherlich gebrauchen werde, bis nur noch der Klappendeckel übrig ist und ich diesen dann auch fachgerecht entsorgen kann. Aufgrund meines reichen Vorrates an sonstigem Schreibpapier aus Schulzeiten unseres Sohnes werde ich mir Derartiges sowieso nicht kaufen, außerdem ließ mich der recherchierte Preis doch etwas sprachlos werden. Auch der langlebige und auffüllbare Wiesengrasstift aus recycelter BPA-freier Kunststoffhülle wäre mir dann doch zu hochpreisig, vor allem da man doch immer wieder einen kostenfreien Werbekugelschreiber eines Gönners übereicht bekommt.

Aber es wurde schon einmal ein Anfang gemacht, sicherlich auch ein hervorragendes Geschenk an umweltbewusste Mitmenschen und Neudenker und Menschen die solche Artikel sehr zu schätzen wissen. Was nicht heißen soll, dass ich nicht an die Umwelt denke und solche Geschenke nicht zu schätzen weiß. Doch letztendlich wäre es mir schlicht zu hochpreisig. Doch das muss der Interessierte selbst entscheiden.

Das Material an sich ist hervorragend für Land- und Spezialkarten, Plakate und Werbebanner, Etiketten und dergleichen. Die Industrie hat dies bestimmt schon lange für sich entdeckt und wahrscheinlich kam ich auch schon damit in Kontakt und wusste gar nicht, war für eine geniale Entdeckung ich da vor mir habe. Ich fand dies nun einfach so interessant und faszinierend, dass ich davon berichten wollte.

Gut, dass ich dafür kein Papier brauche 🙂 Lieben Gruß, Karin