Früher war mehr Lametta,

dieses Jahr ist der Baum grün und umweltfreundlich!

So war es nicht nur 1978 bei Loriot und seinen Hoppenstedts – nein, 42 Jahre später trifft dieser Ausspruch auch auf unseren Christbaum zu. Denn Lametta ist schon lange verpönt, obwohl ich sagen muss, dass der silbrige Lichterglanz, der sich in den spärlich verteilten Metallfäden spiegelte, auch nicht ohne war. Zweifler werden nun meinen, dass ein mehrfach benutzter Kunstbaum allemal umweltfreundlicher ist, als ein echter. Ich bin der Meinung, dass wir mit unserem taiwanesischen Kunstbäumchen das uns über 20 Jahre begleitete, mehr als umweltfreundlich unterwegs waren und wir nun schon das zweite Jahr einen echten Baum aus heimischem Anbau mehr als vertreten können. Dazu wird das Tannengrün nach dem Abräumen klein geschnitten im Kompost landen und der Stamm als Brennholz dienen.

2020-24-12

Doch zurück zur Weihnachtsthematik. Der Baum steht, die Wohnung ist geschmückt, der erste Schnee ist schon wieder geschmolzen, die Gans ist eingekauft, die Beilagen werden sich irgendwo im Keller in den Vorräten finden, Plätzchen wurden dieses Jahr keine gebacken, dafür schon Apfelbrot und Quarkstollen vertilgt, das liebe Kindlein bereits seit April im elterlichen Haus im Homeoffice einquartiert, Geschenke – so wie ich es mitbekommen habe – sind wohl auch vorhanden, der Heilige Abend und die anschließenden Festtage können kommen!

Und ja! Früher war mehr Lametta, sprich mehr Glitzer, mehr Vorfreude, mehr Spannung, mehr strahlende Kinderaugen, mehr Ruhe, mehr Besinnlichkeit, mehr Singen und Musizieren unterm Weihnachtsbaum, mehr Ruhe, mehr Freude, mehr Schnee zu den Festtagen! Oder hab ich das als Kind nur so wahrgenommen? War da für die Hauptakteure nicht auch der Stress mit der Heimlichtuerei, dem heimlichen Basteln am Abend, den Einkäufen und dem heimlichen Einpacken und Verstecken? Der nicht so großzügigen Öffnungszeiten der Geschäfte und dem Erwerb des Baumes oftmals noch am Nachmittag des Heiligen Abends und dem anschließenden Schmücken? Doch wie war die Freude groß und die Augen riesig, wenn am Abend nach dem Ertönten des Glöckchens das Tuch vor der Glastür zum Wohnzimmer abgenommen wurde und wir Kinder hineindurften? Auch ich erinnere mich, dass ich diesen Brauch bei unserem Sprössling mit übernahm. Wie er den ganzen Tag am Fenster saß und unbedingt beoachten wollte, wie das Christkind über den Balkon ins Wohnzimmer kam? Und sich wunderte, dass ausgerechnet dann riesige Stiefeladrücke im Schnee sichtbar waren, während er doch nur ganz kurz im Badezimmer verschwinden musste…

Zurück zum Heute. Corona hin und her, wir haben überlegt und diskutiert und gerechnet ob wir die zulässige Personenanzahl nun einhalten können oder nicht, schließlich muss ja auch berücksichtigt werden ob jemand zum Haushalt gehörend ist oder nicht, unter oder über 14 Jahren alt ist… – was für ein Kuddelmuddel. Schlussendlich sind wir so verblieben, dass wir 3 allein zu Hause bleiben, keinen Besuch bekommen und auch wohl auch keinen abstatten und somit 100% Corona konform sind – na‘ wenn das mal nicht löblich ist!

In diesem Sinne, bleibt mir ja gesund und munter. Denjenigen die bis jetzt leider nicht so glimpflich davon kamen, wünsche ich auf Ihrem Weg der weiteren Genesung alles Gute!

Hoffe wir sehen uns 2021 hier und da in fröhlicher Runde wieder, wünsche euch alles Liebe und ein schönes Weihnachtsfest, verregnete Grüße aus Lorch

Karin und Familie

Natur, Kunst und Besinnung

Nachdem wir nun schon länger die Tage nur im Haus und im Garten verbrachten, war es Zeit für eine größere Wanderung. Der Schnee, der uns zum 1. und 9. Dezember freudig überraschte, war inzwischen weggeschmolzen, nasskalte Schmuddeltage waren überstanden und bevor zu den Weihnachtstagen die nächste Regenwelle anrollt, haben wir gestern noch das wunderschöne Wetter genutzt und sind einer Empfehlung meiner Schwester gefolgt und haben uns in Gschwend-Rotenhar auf den sogenannten weiterweg begeben. Falls ihr dieses Foto nicht öffnen und somit besser lesen könnt, gebe ich euch den Text hier wieder, damit euch bewusst wird, was man darunter versteht.

Der weiterweg ist ein Walderlebnispfad der besonderen Art. Er ist eine Mischung aus Kunstpfad und Besinnungsweg. An 10 Stationen werden die Besucher inspiriert, über zentrale Fragen des Lebens nachzudenken. Breitere und schmalere Wege erhöhen die Achtsamkeit für die Natur. An jeder Station finden Sie ein Kunstwerk und zwei Texttafeln. Auf der einen Tafel sind Texte mit Lebensweisheiten zu lesen, auf der anderen solche mit christlichem Inhalt. Der Weg wurde durch die Graf von Pückler und Limpurg’sche Wohltätigkeitsstiftung im eigenen Wald realisiert. Die künstlerische Konzeption und die Gestaltung der Stationen erfolgten durch den Tübinger Künstler Martin Burchard.

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Der Weg ist ca. 5 km lang. Je nachdem wie lange man sich an den einzelnen Stationen oder mannigfaltigen Sitzgelegenheiten niederlässt, das selbstmitgebrachte Vesper verspeist oder nur still und ruhig dasitzt, kann der Besuch zwischen 1,5 und 3 Stunden dauern. Besonders zu beachten ist, dass es keine Grillstellen gibt, Feuer tunlichst zu vermeiden ist. Ebenso gibt es keine Mülleimer. Liebe Wanderer – nehmt euren Müll bitte wieder mit nach Hause! Sehr schön finde ich auch, dass es 3 Varianten des Weges gibt. Einen Fuß-, Rundwanderweg, einen Kinderwagenweg und einen für Menschen mit Einschränkungen. Fast überall sind die Varianten deutlich mit Tafeln versehen, an einigen Stellen gilt es achtsam zu sein und nach dem Wegverlauf Ausschau zu halten.

Logischerweise sind wir Zwei dem ganz normalen Rundwanderweg gefolgt. Bereits nach den ersten zurückgelegten Schritten kam ich mir vor, als betrete ich einen Eisschrank. Düster, nass, kalt und feucht war es und ich war mehr als froh, über meinen angelegten Zwiebellook und alles erdenklich Wärmende, was ich in meinem Rucksackl so verstaut hatte. Bald schon gelangten wir zur 1. Station, dem „Durchblick1“.

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Die Lebensweisheit sagt aus, dass zwar der Blick durch die bunten Fenster verlockend wäre, jedoch bekommen wir nur in der Mitte durch das größte Fenster den ungetrübten Blick auf das Wesentliche und das größte und wichtigste Kunstwerk – die Natur!

Tiefer ging es in den Wald hinein, Pforten weisen dem Spaziergänger den Weg. Der Wald wird abschnittsweise sich selbst überlassen, hier fallen die Stämme wie Mikadostäbe zusammen.

Nach dem 1. Streich folgte der Zweite. Wir waren im Tal der Stille angelangt. Leider verwechselte mein (Y)Jogi den Baumstammkreis mit dem Steinkreis aus dem Film Outlander und war verwundert, dass er sich beim Berühren des Stammes noch nicht auf Zeitreise begab. Ooommm!

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Im Tal der Stille rückt die Unruhe des Alltags in die Ferne. Sie dürfen hier zur Ruhe kommen. Hier gibt es Bäche, kleine Tümpel, Moose, Gräser und Bäume, die alles überwölben. Die Betrachtung der Natur kann in die Stille führen: Schließen Sie die Augen, konzentrieren Sie sich auf Ihren Atemrhythmus und verbinden Sie ihn mit einem Leitwort, einer Leitmelodie oder einem meditativen Gedanken. Zwei kurze Stichwege führen zu schönen Meditationsplätzen mit sieben bzw. zwölf Sitzplätzen.

Nach einem längeren Wegstück kamen wir zum großen Tisch des Friedens – das große Abendmahl. 16 Meter Länge und Platz für 55 Personen! Hier wollte ich mich eigentlich mittig niederlassen und unser mitgebrachtes Vesper verzehren. Doch als mein Göttergatte den Tafeltext las meinte er ganz lapidar, da wäre es mit seinem Frieden vorbei, wenn er sein einzigstes Wurstbrötchen und seinen Becher Kaffee noch mit jemandem teilen sollte und somit gingen wir weiter. Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. Doch ehrlich gesagt hatte ich auf die klitschnasse und moosverschmierten Holzmöbel auch nicht so recht Lust. Ich wusste ja nun, dass sich hier zahlreiche Möglichkeiten ergeben würden, wo wir unser Klappkissen drauflegen könnten.

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Direkt nebenan befinden sich „der enge Weg und „der weite Weg“. Solltet ihr hierher kommen, bitte informiert euch nicht vorher an den Infotafeln über diese Station sondern geht spontan den jeweiligen Weg, den euer Herzen euch vorschlägt. Erst im Nachhinein dürft ihr lesen oder euch selbst Gedanken dazu machen.

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Nach der angekündigten Vesperpause mit Schinken-Käse-Brötchen, Mandarine, Kaffee und Keksen, ging es bergab weiter durch den verzauberten Wald. Schluchten und Täler, Anhöhen mit Sitzbänken, moos- und laubbedeckter Waldboden – so schön!

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Es folgte Station 6, der Teich.

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Dieser Teich ist ein Sinnbild für ein Leben in Balance. Auf der einen Seite braucht er frisches Wasser, das hereinfließt und auf der anderen Seite Wasser, das wieder abfließt. Ohne dieses Gleichgewicht von Zufluss und Abfließen kippt der Teich um. Auch wir Menschen brauchen diese Balance von Geben und Nehmen / Empfangen. Bekommen wir zu wenig, so trocknet unser kleines Lebenswasser langsam aus. Geben wir nichts her, so entsteht eine Stauung, die Lebendigkeit verhindert. Der Teich, den Sie hier sehen, ist Ruhe und Bewegung zugleich.

Beim Lesen musste ich doch schmunzeln und an Jogis Wurstsemmel denken. Eigentlich gibt er ja gerne… wenns nicht grad um sein Wurstbrot geht.

Auf der Ruhebank verweilten wir einige Zeit und genossen diese mystische Stimmung abermals. Dann viel uns der Baumstamm, direkt vor unserer Nase auf. Überwuchert mit Baumpilzen.

Bereits etwas müde mussten wir weiterziehen, ich sah kein Hinweisschild und war mir nicht ganz sicher wohin des Weges. Mein zweifüßiger GPS führte mich bergan und konnte es wieder einmal nicht lassen, mich auf meinen desolaten Orientierungssinn aufmerksam zu machen – wie wenn er dies nach 28 Jahren nicht wüsste! Frau muss nicht alles können…

Unterwegs abermals gigantische Ausblicke und allerhand Schönes, was hier gestaltet wurde.

Plötzlich traten wir aus dem Dickicht heraus auf einen breiten Weg und schon war auch die nächste Station sichtbar, der „Ring der Dunkelheit“ oder christlich ausgedrückt „Karfreitag“.

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Die Lebensweisheit meint dazu: Täglich erleben wir die Veränderung von Tag und Nacht. Auch das Leben ist ein Wechselspiel von Licht und Dunkelheit, von Freude und Leid. Und plötzlich – vielleicht durch ein Ereignis ausgelöst – befinden wir uns mitten im Ring der Dunkelheit. Alles ist schwarz. Wir sind eingekreist. Der Blick in den Himmel ist voller Stacheldraht. Auf Augenhöhe gibt es keinen Durchblick nach draußen. Vor lauter Schmerz geht der Blick für den Weiterweg verloren.

Direkt gegenüber ein Farbklecks im Regenbogenspektrum zum sonstigen Ton-in-Ton. Die „Himmelsleiter“ oder christlich „Ostern“.

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Der Weg führte weiter, unser Ziel musste nahe sein, denn der Straßenlärm den wir eigentlich die ganze Zeit auch tief im Wald hörten, wurde lauter. Im Frühjahr und Sommer, wenn die Bäume ihr dichtes Blattwerk tragen und die Vögel mit ihrem Gesang die Gemüter erhellen, dürfte eigentlich nichts weiter zu hören sein.

Und da waren sie, die „Leitplanken des Lebens“. Wie gut hätten wir diese in unserem Garten zur Hangabstützung brauchen können – dies war mein 1. Gedanke! Ich weiß, bei diesem Ausspruch habe ich den Sinn und Zweck dieses Weges komplett missverstanden. Aber so war es!

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Obwohl, wenn ich den Weisheitstext dazu lesen, bin ich nicht allzu weit davon entfernt.

Stellen Sie sich bitte eine Passstraße mit Leitplanken vor. Die Leitplanken bewahren Sie vor dem Sturz in den Abgrund. Kleine Unfälle, Dellen und Kratzer gehören wohl dazu. In allen menschlichen Gemeinschaften gibt es Leitplanken in Form von Regeln und Gesetzen, welche die Menschen vor dem Absturz bewahren. Lassen Sie sich schützen! Halten Sie sich an die Spielregeln. Niemand, dem das Leben lieb ist, stürzt sich freiwillig in den Abgrund. Nutzen Sie die Leitplanken, die Ihnen einen geschützten Weg durch das Leben ermöglichen.

Der christliche Impuls beschreibt natürlich die 10 Gebote, von denen die Leitplanken linker Hand auch umrahmt werden.

Wir Christen sind der Lust am „Immer-mehr-Wollen“ genauso ausgesetzt, wie alle anderen Menschen. Aber wir wissen, dass gute Beziehungen zu Gott und den Menschen wichtiger sind, als alles andere auf der Welt. Die Übertretung von Geboten gefährdet und zerstört letztendlich diese Lebensgrundlage.

Ein längeres Stück ging es wieder durch den Wald, bergab, bergauf, bis die letzte Station sichtbar wurde, der „Durchblick2“.

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Hier am Ende des weiterweges stellt sich nun die Frage: Hat sich Ihr Durchblick verändert? Wie geht es mit Ihnen weiter auf Ihrem persönlichen Weiterweg? Hat Ihre Wanderung auf dem weiterweg Sie weitergeführt? Sehen Sie nun sich selbst, die Menschen und die Welt etwas anders?

Dies liebe Leser, dies dürft ihr euch selbst beantworten, solltet ihr diesen Weg einmal gehen.

Wir hatten auf jeden Fall stundenlang Bewegung in bester Waldluft wobei wir 4 km zurückgelegt haben, zusammen und jeweils über den anderen gelacht, geredet, gemeinsam Stille genossen, unser Mittagsmahl ohne Gäste verspeist, geistige Verzückungen anhand der Natur erfahren und ein weiteres Stückchen unserer Heimat erkundet.

In diesem Sinne, bleibt in der Heimat, am besten zu Hause und hoffentlich gesund, bis zum nächsten Mal

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Gruß Karin