Am Donnerstagabend sind wir ins Al-Hussein Cultural Center in Amman, wo wir zu einer Darbietung der RAJASTHANI CULTURAL TROUP eingeladen waren. Der indische Botschafter, Mr. Anil Trigunayat, hatte zum Anlass des 65. Jahrestag der diplomatischen Verbindung zwischen Jordanien und Indien zu dieser Kulturveranstaltung geladen.
Rajasthan ist ein indischer Bundesstaat, welcher im Nordwesten an Pakistan grenzt. Dieser Staat ist flächenmäßig der größte Indiens, und nur ein wenig kleiner als Deutschland. Seine Hauptstadt ist Jaipur und im Staat selbst sollen derzeit ca. 73 Millionen Menschen leben.
Jede Region in Indien hat auch ihre eigene Folklore, Musik und Art von Tänzen. Und ehrlicherweise muss ich sagen, dass die Art von Musik, die ich bei einem Kurzbesuch Ende der 90er Jahre, damals im Taxi rund um Mumbai so hörte, nun nicht unbedingt etwas für meine Ohren war. Auch der Boom der Bollywood Filme vor einigen Jahren hat da nicht unbedingt dazu beigetragen, ganz im Gegenteil. Umso gemischter waren meine Erwartungen für den Event.
Der ganze Abend fing erst einmal mit „Lighting the Lamp“ an, dem Entzünden der Lampe. Licht und Feuer sind in Indien Symbole für die verschiedensten Dinge. So z. B. Glück, Zufriedenheit, Makellosigkeit, Reinheit, Güte, Wärme, Wohlergehen und Erfolg. Weiterhin steht Licht aber auch für die Weisheit, die alle Dunkelheit des Unwissens vertreibt. Allgemein wird immer eine Lampe entzündet, wenn etwas begonnen wird.
Dazu wird meist ein hoher Leuchter aufgestellt, oben eine Schale gefüllt mit Öl und einer Glück verheißenden ungeraden Anzahl an Dochten, die kreisrund angeordnet sind und die von den wichtigsten Personen der jeweiligen Veranstaltung entzündet werden.
Anschließend wurden von Herrn Botschafter und Vertreter der Stadtverwaltung kurze Ansprachen gehalten und nach einführenden Worten über den 1. Teil der Aufführung ging es dann auch los.

Die Musiker und Sänger eröffneten den musikalischen Teil. Laut war es zunächst – sehr laut – , doch zum Glück klang die Musik in meinen Ohren erträglich, überhaupt nicht unangenehm – ich konnte mich entspannen.
Nachdem in der Ankündigung eine 10-köpfige Truppe angesagt wurde, wusste ich nicht genau, was noch folgen würde. Doch dann kamen sie, die Damen des 2. Teils…

Bunt, leuchtende Farben, Glitzer, Glöckchen, Bimmel, Fransen, kohlschwarz umrandete Augen, Nasenring, der Punkt auf der Stirnmitte – alles was man sich so vorstellt. Sie haben sich im Kreis gedreht, dass mir beim Zuschauen bald schwindelig wurde. Bei akrobatischen Darbietungen Arme, Beine und Rückgrat verdreht, dass ich bereits Phantomschmerz in meinen Gelenken spürte. Und zwischendurch immer wieder die Musik und der für unsere Ohren fast jammernd anmutende Klang der aus den Kehlen der Männer drang. Deren Köpfe und Hälse immer wieder von rechts nach links wanderte, obwohl der restliche Körper völlig ruhig kniete und deren Ohrringe wild baumelten. Das Tempo der Musik und der Tänzerinnen steigerte sich stetig, es war direkt faszinierend für mich, meine anfänglichen Bedenken wurden völlig zerstreut.
Dann kam der nächste Teil und ein Mann betrat die Bühne.

Seine Bewegungen, sein Kostüm, die kleinen Ohrgehänge – es verwirrte mich sehr, diesem Mann zuzuschauen. Alles war so feminin, nur seine Gesichtszüge, sein kurzer Haarschnitt und sein Schnauzbart passten nicht in dieses Bild. Auch er tanzte, und balancierte mitsamt diesem „Dosenturm“ auf dem Kopf, zum Schluss seines Soloauftritts auch noch auf einem Glasscherbenbett herum.

Dann kamen nochmals die Damen dazu und abermals wurde wild gedreht und verdreht und dann war die 1-stündige Aufführung auch schon wieder um.

Wir haben dann am Ausgang noch auf den Botschafter gewartet, um ihn zu begrüßen und ihm zu danken und sind dann zum Essen – italienisch – nicht indisch!
Phir milenge! Karin