Unser Bio-Säftchen

Eines musst du dir gut merken, wenn du schwach bist, Äpfel stärken. Äpfel sind die beste Speise, für zu Hause, für die Reise, für die Alten, für die Kinder, für den Sommer, für den Winter, für den Morgen, für den Abend, Äpfel essen ist stets labend! Äpfel glätten deine Stirn, bringen Phospor ins Gehirn, Äpfel geben Kraft und Mut und erneuern dir dein Blut. Auch vom Most, sofern dich durstet, wirst du fröhlich, wirst du lustig. Darum Freund, so lass dir raten, esse frisch, gekocht, gebraten, täglich ihrer fünf bis zehn. Wirst nicht dick, doch jung und schön, und kriegst Nerven wie ein Strick. Mensch, im Apfel liegt dein Glück!

(Georg Wilhelm Otto von Ries)

Jedes Jahr im August und September fühle ich mich wie im amerikanischen Filmklassiker „Und täglich grüßt das Murmeltier“! Nachdem man am Abend völlig k.o. ins Bett geht, da man den Tag über das ganze Fallobst verarbeitet hat, erwacht man am nächsten Morgen mit Blick auf die Wiese und sieht erneut Dutzende der saftigen Vitaminbomben auf dem Rasen liegen und die Prozedur geht von Neuem los. Und beim Verarbeiten der Früchtchen komme ich mir wie Diane Keaton in „Baby Boom“ vor. Ich weiß – einige von euch werden diese Filme aus den 80er und 90er Jahren nichts sagen, doch mir sind diese mit meinen eigenen Erlebnissen wie ins Gedächtnis gebrannt.

Äpfel soweit das Auge reicht. Gefühlte Tonnen von Apfelmus wurden zubereitet, zwischendurch mal Kuchen gebacken, Bratapfelmarmelade, Apfelküchlein und Apfelbrot hergestellt, der obligatorische gesunde Apfel täglich roh verspeist, Oma kam angekarrt um ebenfalls die Kellerregale mit Eingemachtem zu füllen, die Verwandschaft und Freunde wurden fast schon genötigt doch auch ein Eimerchen des kostbaren Gutes abzunehmen und trotzdem – der Garten lag voll mit Fallobst, die Bäume drohten abzuknicken ob ihrer Last, was letztendlich auch einer leider tat. Immer wieder musste ich die letzten Jahre Deutschland verlassen und überließ die süßen Früchte ihrem Schicksal – das schlechte Gewissen über diese Verschwendung wurde immer damit beruhigt, dass man dann später irgendwann mal saften würde.

Ja und dieses später ist nun eingetreten. Da der Trend zum Einmachen und Einwecken nach wie vor anhält, bewusste gesunde Ernährung einen nie dagewesenen Aufwärtstrend verbucht, so mancher Obstbaumbesitzer das kostbare Gut nicht einfach nur sich selbst überläßt, sind auch die örtlichen Mostereien auf diesen Zug aufgefahren. Bei einigen Betrieben kann man sein Obst abgeben und erhält im Gegenzug Einkaufsgutscheine für Saft, wir wollten jedoch das Produkt unserer eigenen Apfelbäume trinken, somit wissen wir genau was drin ist, außerdem garantiert in Bioqualität!

Somit war letzte Woche drei Tage lang in jeder freien Stunde Apfelsammeln angesagt. Die Vorlage der Mosterei war ein Mindestsaften von 150 kg Äpfel, wurm- und faulfrei sollte die Ware sein. Von 5 unterschiedlichen Bäumen haben wir unsere Ernte eingebracht, das Gewicht konnten wir natürlich nur grob schätzen, wir achteten auf ein ausgewogenes süß-sauer-Verhältnis, ansonsten konnten wir diese Aktion einfach nur mal testen.


Die Herausforderung an der ganzen Sache ist allerdings die Lage unserer Bäume. Sehr langer Steilhang, jeder Eimer musste mühsam bis zum Anhänger hinuntergetragen werden, eine echte Knochenarbeit.

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Letzten Samstag war es dann soweit. In der Mosterei Seiz im Schwäbisch Gmünder Stadtteil Straßdorf fühlten wir uns sehr willkommen.

Äußerst freundlich wurden wir zu unserem Termin begrüßt und in die Arbeit eingewiesen, ausführlich wurde alles erklärt und netterweise durfte ich auch alles fotografieren – dafür meinen herzlichen Dank!

Zuerst einmal mussten die Äpfel auf das Förderband kommen, damit diese zur Waschanlage gelangen konnten. Muskelkraft war angesagt!

Weiter ging es im Innern der Halle, ich durfte durch den „Desinfektionsvorhang“ knipsen, daher sind die Fotos eventuell etwas verwaschen. Der komplette zerschredderte Apfel wird in Formen eingegossen, in denen zuvor ein Tuch ausgelegt wird. Ähnlich wie beim Käsen. So wird Form auf Form gelegt, dieser Stapel wird dann gepresst und der Saft läuft durch ein Sieb in den Auffangbehälter.

Das Auto wurde in der Zwischenzeit um die Halle zur gegenüberliegenden Türöffnung gefahren und nun waren wir gefragt. Wir durften probieren!

Das Foto sagt alles aus! So begeisterte Mienen nach dem ersten Schlückchen. Himmlisches Aroma, genau das richtige süß-sauer-Verhältis, was waren wir erleichtert! Die Plackerei hatte sich gelohnt.

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Nun konnten wir geduldig zusehen, wie der Saft vom Auffangbehälter in das Fass der Heißabfüllanlage gepumpt wurde und wir mit Erstaunen unseren Ertrag von 115 Litern Saft erfuhren. Hier im Fass wurde nun auf 70 Grad erhitzt um eine Haltbarmachung zu erzielen.

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Da generell berechnet wird, dass man pro Zentner Äpfel (50 kg) ungefähr 30 Liter Saft erhält, ergab die Gegenrechnung, dass wir ca. 190 kg Äpfel gesammelt hatten. Wow!

Das kostbare Gut ließen wir nun in die praktischen Bag-in-Box Tüten füllen, wahlweise 10 oder 5l. Dazu noch einige Kartons, welche man auch nur in geringer Stückzahl zu kaufen braucht, da es sich empfiehlt aufgrund des Preises diese wiederzuverwerten. Die Beutel haben einen Ausgusshahn und somit kann aus dem Karton heraus ganz bequem ausgeschenkt werden. Das Haltbarkeitsdatum eines angezapften Beutels beträgt 3 Monate, die geschlossenen Beutel 1 Jahr. Somit küsst mich wohl nächsstes Jahr wieder das Murmeltier! Ohje!

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Ausgestattet mit Thermohandschuhen durfte Göttergatte nun die heißen Tüten vorsichtig auf den Anhänger legen. Der übriggebliebene Trester verbleibt in der Mosterei und wird für die Tierfütterung abgegeben.

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Im Laden an der Kasse wurde dann noch bezahlt und ab ging die Fahrt nach Hause. Nachdem die Ladung in der Garage über Nacht auskühlte, wurde in gemeinsamer Familienmanier in den Keller umgeschichtet und wird nun täglich von uns genossen, denn wie heißt es so schön?

Für die Alten, für die Kinder, für den Sommer, für den Winter…

Bleibt gesund, Gruß Karin

Nachtrag am 18.09.20: Dieser Artikel erschien heute in unserer Tagespresse – diese Zufälle sind immer wieder witzig.

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