Unter diesem Titel vermutet man als Leser wohl so einiges, nur nicht dies:
In Beirut, im Manara Bezirk, in der Nähe des alten Leuchtturms und direkt neben der Deutschen Internationalen Schule, steht seit 1954 das wohl bekannteste Gebäude im Land. Auf Arabisch nennt man es Al Ba’sa, was ins Englische als The Grudge – Der Groll – übersetzt wird.
Viele Jahre fuhr ich dort entlang, das Goethe-Institut war damals in der Schule untergebracht und wir waren eifrige Benutzer der Leihbibliothek. Was hab ich mich immer über die Parkplatznot entlang der Strasse geärgert, da eine Werkstatt im besagten Haus noch einen Meter der Strasse als Abstellfläche verwendete und die Autos somit immer drumherum manövrieren mussten und somit wieder 1-2 Parkplätze verloren gingen. Auch führte mich anfangs der Heimweg von der Deutschen Gemeinde daran vorbei, bis ich dann eine Abkürzung gezeigt bekam. Da das Haus an einer Einbahnstraße liegt und mein Weg immer nur bergab daran vorbeiführte, konnte ich nie die Eigenheit erkennen und hatte auch all die Jahre nie etwas davon gehört, bis mir unser Sohn eines dieser netten WhatsApp Fotos schickte und ich somit neugierig wurde.
Durch zur Vorgeschichte, die ich leider auch nur durch die Medien kenne. Ein Vater vererbt seinen beiden Söhnen jeweils ein Grundstück. Der eine Sohn bekommt ein grösseres, wo heute die Schule untergebracht ist, der andere Sohn das benachbarte kleinere. Durch Umstrukturierungen des Straßenbaus verlor das bereits kleinere Grundstück einen weiteren Teil und war plötzlich nur noch ca. 120 Quadratmeter gross. Die beiden Brüder konnten sich nicht einigen, gerecht zu teilen und somit ließ der benachteiligte aus Groll gegenüber seinem Bruder, direkt vor das Gebäude seines Kontrahenten ein Haus der besonderen Art bauen, um diesem den begehrten, komplett freien Millionen-$-Meerblick, zu verwehren. Von der Sichtweise der normalen Straßenführung her, ein ganz normales Haus. 14 Meter hoch, zwar sehr schmal, ganz genau wohl 4 Meter.
Die Front auch ganz normal mit Fenstern und Balkonen, doch dann, die rechte Seite der Haushälfte misst gerade einmal 60 Zentimeter! Eigentlich eine Mauer zum Wohnen!
Früher nannte man das Haus aufgrund seiner Form auch Queen Mary. Es war gelb gestrichen und auch bewohnt! Auf zwei Stockwerken befinden sich jeweils zwei Appartements, unterschiedlicher Gröβe. Während des Krieges soll eine Wohnung als Bordell genutzt worden sein, in einer anderen Wohnung war wohl eine Flüchtlingsfamilie untergebracht. Nun steht es leer, ob die Werkstatt noch genutzt wird, entzieht sich meiner Kenntnis, es war Sonntag und die Türen waren geschlossen.
Sehr wahrscheinlich konnte man damals ohne Baugenehmigung bauen, heute wäre so etwas aufgrund der Bauvorschriften bezüglich Abstandsbestimmungen zu Strasse und Nachbarn und Größe des Grundstücks undenkbar. Hoffen wir also, dass das „Mauerhaus“ noch lange stehen darf und nicht wie so vieles weichen muss – ein Neubau wäre sowieso undenkbar und eigentlich ist das Objekt doch schon fast Kunst! Oder hegt da jemand einen Groll dagegen?
Bin gespannt wie es in 10 Jahren aussieht, bitte berichtet mir, bis dahin
Gruß Karin