Diese Woche fuhr ich mit einer 5-jährigen Familienangehörigen nach Heidenheim ins Naturtheater. Jahrelang ist dieser Ort für mich direkt in Vergessenheit geraten, bis ich im Frühjahr zufällig durch eine Onlineanzeige wieder darauf stieß. Dabei bin ich mit unserem Sohnemann vor mehr als 15 Jahren mit großer Freude zu Aufführungen von Räuber Hotzenplotz und Pippi Langstrumpf gefahren.
Ausgestattet mit Wolldecke, Kissen, Kindersitzerhöhung vom Auto, Getränken, Snacks und allem möglichen, was die lieben Kleinen und auch Großen während der Aufführung wohl gebrauchen könnten oder an kühlen Tagen und während der Abendvorstellung Linderung gegen das Frösteln bringen könnte. Dabei sind auf dem Areal im Laufe der Jahre Imbiss-, Getränke-, Eis- und Andenkenladen wie Pilze aus dem Boden geschossen. Kaum einer, der nicht auf Drängen des kleinen Nimmersatts zu der einen oder anderen Bude geschickt wird, um ein paar Euros gegen Süßes oder Saures, dem passenden T-Shirt oder Müslischale je nach Aufführungsthema, einzutauschen. Doch trotzdem leuchten die Kinderaugen in der heutigen Konsumwelt noch um einiges größer, wenn Mama, Papa, Oma oder Opa irgendwann in der mitgebrachten Tasche nesteln und verheißungsvolle Tupperware hervorzaubern. In der Erwartung der Leckerei sind die Augen dann plötzlich nicht mehr auf der Bühne, sondern verfolgen gespannt, bis der Deckel der Dose endlich offen ist und die kleinen Grabsch Händchen gierig nach dem Inhalt verlangen. So wird dann 45 Minuten lang kauend und trinkend konzentriert der Handlung gefolgt, dann kommt die 20-minütige Pause in der dann abermalige Kaufwünsche geäußert werden bis dann zur 2. Hälfte des Schauspiels aufgerufen wird. Wer hat diese Esserei neben Film und Fernsehen eigentlich erfunden? Selbst wenn man sich vehement dagegen wehrt, man könnte schwach werden! Frischzubereitetes Popcorn, lecker gebräunte Pommes mit Ketchup und wisst ihr überhaupt, wie so ein krosses frisches Hotdog Brötchen mit Senf verführerisch riechen kann? Wir blieben jedenfalls bei den mitgebrachten Gummibärchen in Tupper und gönnten uns dann auf der Heimfahrt in Heubach unterm Rosenstein eine Eistüte.
Hier nun noch einige Hintergrundinfos zum Naturtheater Heidenheim, Quelle: Website der Stadt Heidenheim/Brenz:
Gespielt wird unter freiem Himmel in zauberhafter Waldkulisse – bei jedem Wetter. Das Publikum sitzt allerdings unter einem schützenden Dach. Die Schauspieler des Naturtheaters agieren hochprofessionell. In großartigen Inszenierungen demonstrieren sie von Juni bis August ihr Können – mit Leib und Seele, mit Herz und Verstand. Jedes Jahr wird für die Freilichtbühne ein Stück für Erwachsene und ein Stück für Kinder einstudiert. Die Resonanz: überwältigend. Die Pressestimmen: voll des Lobes.
Die Geschichte des Naturtheaters reicht zurück bis ans Ende des Ersten Weltkrieges. Der Heidenheimer Gärtnermeister und Unteroffizier Gustav Müller berichtete, dass ihm die Idee, einen Theaterverein zu gründen, unter schwerem Beschuss im Schützengraben gekommen sei. Dort habe er sich geschworen: „Wenn ich hier rauskomme, will ich mein Leben einsetzen für etwas, was die Menschen verbindet: die Kunst.“ Gustav Müller überlebte den Krieg und setzte sein Vorhaben in die Tat um. 1919 gründete er die „Volkskunstvereinigung Heidenheim“. 1924 erfolgte die Einweihung der Naturbühne mit dem Stück „Wilhelm Tell“. Seither ist hier, mit Ausnahme der Zeit des Zweiten Weltkriegs, in jedem Jahr Theater gespielt worden. Die Vielfalt der Inszenierungen ist kaum zu übertreffen. Ausverkaufte Vorstellungen jährlich, zeugen von der Klasse der Darsteller und der Theaterbegeisterung des Publikums aus nah und fern.
Um nun endlich zum eigentlichen Thema zu kommen, dieses Jahr wurde Die kleine Hexe nach Otfried Preußler, gezeigt. Sehr schöne, gelungene Vorstellung mit nicht enden wollendem Applaus. Die 1100 überdachten Sitzplätze waren nahezu ausverkauft und die Pyrotechnik brachte auch mich das eine oder andere Mal zum Zusammenzucken.
Der kleinen Dame neben mir hat’s gefallen und sie war sich sicher: „Da möcht‘ ich nächstes Jahr wieder hin, aber zu einer anderen Geschichte!“
Schau ’n wir mal, bis dann, Gruß von uns zweien, hex hex…