Eigentlich hatte ich letzten Freitagmittag gar keine Lust mehr, auf Erkundungstour zu gehen. Aber diesmal war Jogi die treibende Kraft. Als nächstes Ziel hatte ich mir die Wüstenschlösser auserkoren, doch Jogi hatte zunächst anderes im Sinn.
Immer wieder sahen wir entlang einer Straße, in der Nähe der alten City, eine Art Flohmarkt. Für mich sah das eher nach Schrott- und Altkleidermarkt aus, schon das Vorbeifahren im Auto ließ auch meine ansonsten recht willig angelegten Trödelmarktambitionen im Keim ersticken – jedoch Jogi ließ nicht locker, wollte unbedingt auf diesen Markt.
Kilometerweit erstreckten sich die Waren rechts und links des Weges. Alles Mögliche war zu finden. Sehr schön sortiert und auf dem Boden ausgebreitet. Der deutsche Bundesbürger hätte wohl 75% der Waren vor Jahren schon der Altkleidersammlung, dem Elektromüll, dem Schrotthandel, dem Restmüll, dem Gelben Sack, der blauen Tonne und dergleichen zugeführt. Die Dinge werden wohl eher als Ersatzteile gehandelt. Vielleicht ist man aber auch dem Trend des Upcyclings von Möbeln, Kleidern und Schuhen hier einfach um Lichtjahre voraus?
Jogi war enttäuscht, die Hoffnung auf eine kleine antike Reliquie wurde zumindest auf diesem Flohmarkt ein für alle Mal begraben.
Doch einige Ecken weiter erstanden wir dann noch auf einem Obst- und Gemüsemarkt Zitronen und Aprikosen. Die Einmachzeit beginnt. Auch Maulbeeren, die wir von jemandem geschenkt bekamen, habe ich diese Woche zu Marmelade verarbeitet.
Somit war das Projekt Flohmarktbesuch relativ schnell abgehakt und der Tag war noch lang, um eines der Wüstenschlösser zu besuchen.
Jogis Navi kannte das auserkorene Qasr Al Hallabat und führte uns auf gut ausgebauten Straßen ca. 60 km in nordöstlicher Richtung an Zarqa vorbei bis zu der Sehenswürdigkeit.
Zu den (Qasrn) Wüstenschlössern zählen mehrere Burgen und Festungen die im Osten der Wüste verstreut liegen. Sie wurden größtenteils zwischen dem 7. und 8. Jahrhundert während der Herrschaft der Kalifen der Omayyaden-Dynastie erbaut. Die Theorien über den Sinn und Zweck dieser verhältnismäßig kleinen „Schlösser“ ist zwiespältig. Zum einen dienten sie als Verteidigungsanlagen, zum anderen als Treffpunkt der Beduinen, als Karawanserei und auch als Lustschloss. Die meisten Bauwerke sind zerstört. Einige werden, auch mit Unterstützung ausländischer Organisationen, restauriert und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Vom großzügig angelegten Parkplatz und dem Besucherzentrum, das allerdings noch nicht eröffnet ist, kann man die Burg etwas erhöht und entfernt betrachten. Die Ursprünge dieser Anlage gehen wahrscheinlich auf die Nabatäer zurück. Von den Römern übernommen wuchs im Laufe der Zeit eine massive Festung heran. Verschiedene Inschriften geben Zeitzeugen der jeweiligen Herrschaft ab. Die Omayyaden verwandelten die Festung im 8. Jahrhundert in ein repräsentatives Schlösschen mit Mosaiken und Fresken auf Stuckwänden. Auch eine Wasserversorgung und eine Moschee wurde gebaut.
Leider waren die Türen geschlossen und wir konnten uns alles nur von außen ansehen.
Trotzdem ein schöner Ausflug. Auf Straßen, bei denen es scheint, sie seien teilweise mitten durch Felsformationen gezogen worden, ging es wieder heimwärts.
Am Samstag machten wir uns auf den Weg, weitere Wüstenschlösser zu besichtigen.
Los ging es in südöstlicher Richtung. Eine der wichtigen Verbindungsstraßen, die Amman mit der Ortschaft Azraq, der saudi-arabischen Grenze, dem östlichsten Teil des Landes und dem Irak verbindet. Letztere Grenze ist derzeit jedoch aufgrund der politischen Lage geschlossen.
Mitten durch die Wüste führt diese viel befahrene Straße. Unter Wüste stellt man sich im Allgemeinen etwas anderes vor, auch von absoluter Stille kann hier keine Rede sein. LKWs und PKWs, vornehmlich aus Saudi-Arabien und Dubai, begegnen uns.
Und damit auch die Heimatgefühle nicht fehlen:
Wir kommen zu Qasr Kharanah: Auch hier ein großer Besucherparkplatz, ein unbesetztes Büro, somit freier Eintritt.
Das Bauwerk auf der leicht erhöhten Ebene sieht beeindruckend aus und ist sehr gut erhalten.
Danach ging’s 15 km weiter zum Qasr Amra: das rote Schlösschen und damit auch das eindrucksvollste aller Wüstenschlösser, wurde Ende der 90er Jahre von der UNESCO in die Liste der Weltkulturerben aufgenommen.
Das Büro des Visitor-Centers war besetzt, wir bezahlten Eintritt und schauten uns die bescheidene Ausstellung an und wanderten anschließend zum Bauwerk.
Es war noch ein anderer Besucher vor Ort, der Büroangestellte schloss uns auf und sprach uns auch in gutem Englisch an und fragte woher wir kommen und dann natürlich nur über Jogis Auto. Welche Marke, welcher Hersteller, Kosten…. und dass letzte Woche Teilnehmer von der Allgäu-Orient-Rally hier gewesen wären und auch in der Nähe übernachtet hätten.
Das eindrucksvolle Innere des Jagd- und Badeschlösschens schauten wir uns somit selbst an und machen uns anhand des Reiseführers schlau und waren tief beeindruckt über die Malereien und die noch erhaltene Fußbodenheizung der Antike samt Brunnen im Außenbereich.
Danach bekamen wir vom Angestellten, übrigens ein Beduine, im typischen Beduinenzelt noch einen Tee serviert, füllten unsere Trinkwasservorräte auf und fuhren weiter in Richtung Qasr Azraq.
Die 8000 Einwohner-Ortschaft Azraq ist eine Oase und es tat dem Auge gut, nach so viel Nichts, Grün zu sehen. Zwar spärlich, staubig, sandig und zerzaust – aber doch grün.
Leider war das Tor zum Qasr Azraq fest verschlossen. Schade, ich hätte die schwarzen Basaltruinen gerne besichtigt.
Somit diente Jogi nur der Paradiesapfelbaum als Fotomotiv.
Sehr schön, habe ich noch nie in Natura gesehen.
Ich las im Reiseführer vom Azraq Wetland Reserve und vom Shaumari Nature Reserve. Nachdem wir Letzteres nicht fanden, fuhren wir zum Wetland Reservat und erhielten dort die Auskunft, dass das Naturreservat momentan geschlossen sei. Dass aufgrund der Nähe zu Syrien, Saudi-Arabien und dem Irak in dieser Gegend überhaupt noch etwas existiert, wundert mich sowieso.
Das Wetland Reservat ist sehr schön angelegt, der gut englischsprechende Angestellte quittierte uns auf einer Besucherberechtigung unseren Eintritt und führte uns dann durch das schön angelegte Informationszentrum und erklärte uns alles ausführlich. Anschließend durften wir raus und die Natur bewundern.
Bis Ende der 70er Jahre herrschte hier noch reges „Wildleben“. Wasserbüffel suhlten sich in Tümpeln, verschiedene Fischarten lebten hier. Im Vergleich zu früher befinden sich nur noch 10 % Wasser auf der Anlage, die großen Städte sowie die Bewässerung der Landwirtschaft beanspruchen es jedoch, sodass das große Feuchtgebiet inmitten der Wüste nach und nach schrumpft. Zahlreiche Enten, Lerchen und Kiebitze, aber auch Adler nutzen die Feuchtgebiete auf ihrer Reise nach Afrika. Mithilfe der Regierung versucht man nun, das Rad zurückzudrehen und Wasser wieder zurück zu pumpen. Auch wird Aufklärungsarbeit in Schulen bezüglich Wasserwirtschaft geleistet.
Hier wird noch einmal eindrucksvoll geschildert, wie es früher einmal aussah:
Wir kamen wieder zurück zum Eingang, der Angestellte hatte auch Feierabend und nach uns wurde geschlossen.
Es war schon spät und wir beschlossen, nach Hause zu fahren. Auf dem Rückweg in die Stadt nahmen wir einen anderen Weg, um im Kan Zaman Village, wo wir letzte Woche waren, auf der Terrasse zu Abend zu essen.
Und schaut mal, was da auf dem Tisch stand:
In diesem Sinne, habt immer die richtige Prise Salz und Pfeffer bei euch,
bis bald, Karin