Glanz und Zauber vergangener Zeit des Grand Hotel Sofar

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Gestern erlebten wir eine Zeitreise der besonderen Art. Wir, meine Freundin Anne, mein lieber Mann und ich selbst. Nachdem meine Pilates-Mitstreiterinnen vergangene Woche so sehr von einem alten Grand Hotel und einer Ausstellung schwärmten und es unendlich bedauerten, dass diese ja leider schon beendet worden sei und ich somit diese Gemälde in dieser besonderen Atmosphäre leider nicht sehen konnte, wurde ich natürlich neugierig. Tja, da hatten die Damen die Rechnung leider ohne das detektivische Gespür von Anne und mir gemacht! Dank des weltweiten Netzes konnten wir in Erfahrung bringen, dass aufgrund grosser Nachfrage diese Ausstellung um eine Woche verlängert wurde und somit auch wir noch in diesen Genuss kamen. Ja – Genuss! Denn es war ein Schmaus für die Augen, für die Sinne und das Gehirn – welches sich in die Zeit der glamourösen goldenen 20er- und beschwingten 60er-Jahre des letzten Jahrtausends zurückversetzen konnte.

Doch zunächst einige Erklärungen zu diesem legendären The Grand Hotel Casino Ain Sofar. Es wurde von der berühmten und einflussreichen Familie Sursock im Jahre 1892 im Ort Ain Sofar erbaut. Etwa 30 km östlich von Beirut entfernt, direkt auf der Hauptverbindungsstraße Beirut-Damaskus, liegt es auf ca. 1300 Höhenmetern.  Für Jahrzehnte war es das berühmteste Hotel im Mittleren Osten. Könige und Emire, Künstler, Schauspieler, Prominente und Diplomaten aus aller Welt ruhten und schlummerten nicht nur in den Zimmern, sondern wurden auch zu Gesang, Tanz und Poker gelockt. Denn dieses Hotel erhielt zu damaliger Zeit als einziges im Libanon die Lizenz zum Glücksspiel.

Besonders praktisch für die zahlreichen Besucher war die direkte Anbindung an die Bahnlinie. Welch ein Luxus und Fortschritt zu damaliger Zeit, wo doch heutzutage keinerlei Bahnverkehr mehr existiert geschweige denn Bahnlinien mehr vorhanden sind! Das Verkehrschaos im Land wäre um einiges dezimiert – doch dies ist ein anderes Thema.

Den Sommer über blieben die Gäste oft bis zu drei Monaten, sie entflohen somit der Hitze des Mittleren Ostens, dazu musste sich die weite und beschwerliche Reise auch lohnen!

Mühelos können auch heute noch durch die Korridore der 75 Zimmern des Grand Hotels die geheimnisvollen Absprachen und Machenschaften zwischen Generälen und Ministern gehört werden und die Liebesaffären mit Berühmtheiten im Schutze der Monkey Bar beobachtet werden. Leider war der Zutritt nur im Erdgeschoss gestattet, zu gerne hätte ich auch einen Blick in eines der Gästezimmer werfen mögen.

Leider war das Hotel Opfer des Bürgerkrieges. Unter Beschuss, von Vandalen malträtiert und geplündert, außerdem diente es als Hauptquartier der syrischen Armee. Doch ein Mitglied der Familie Sursock hat es ab 2014 so weit wieder in einen sicheren Zustand gebracht um die Pforten für Kunstausstellungen, Hochzeiten und Empfänge zu öffnen und somit wird dem breiten Publikum erneut Zugang gewährt. Ein regenfestes Dach, Deckenabstützung durch Drahtgitter, Elektrizität und moderne Toilettenanlagen lassen die zahlreichen begeisterten Besucher und Fotografen sicher und bequem durch die Etage flanieren. Die Obergeschosse sind in solchem desolaten Zustand, dass diese wohl für längere Zeit der Öffentlichkeit verschlossen bleiben. Doch die große Terrasse und vor allem der weitläufige Park sollen nach und nach wieder in Ordnung gebracht werden.

Der Künstler Tom Young stellt hier derzeit 40 Leinwand-Gemälde aus und in Zusammenarbeit mit einem Kurator und einem Bühnenbildner werden die Besucher in die Zeit von damals zurückversetzt. Gemälde und Umfeld bilden eine Einheit, durch Requisiten in den entsprechenden Räumen und den passenden Bildern dazu, konnte ich mühelos Mäuschen spielen. Ebenso wird ein Film in Endlosschleife gezeigt. Der Initiator berichtet über das Projekt, Original-filme und -fotos aus der Vergangenheit des Hotels und Interviews mit Zeitzeugen geben dem Ganzen nochmal ein weiteres Gesicht.

Nachfolgend seht ihr nun einige Fotos. Zwischen den Textpassagen hätte es nicht so gepasst, da weiterführende Erklärungen gefehlt hätten. Lehnt euch somit zurück und lasst euch verzaubern vom Glanz der vergangenen Zeit.

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Der Außenbereich des Hotels ist begehbar. An mehreren bereits restaurierten Rundbogenfenstern wird klar, wie schön das Haus einmal sein könnte. Alte Bäume – unter anderem eine riesige Zeder – stehen mächtig als stumme Zeugen der Geschehnisse im Garten. Was sie wohl alles erlebt hatten?

Ein geschäftstüchtiger Bäcker einige Häuser weiter, hatte seinen Verkaufsstand kurzerhand auf die Terrasse des Anwesens verlegt. Neben Hochstapelei ließen auch wir uns die leckeren Manouche Zaatar schmecken – köstlich!

Besonders erwähnenswert sind die Details um das Bahn fahren. Auf den Fotos sieht man die Lage des Bahnhofs und des Hotels.

Diesem Thema wurde im Hotel eine eigene Nische gewährt. Dank Postkarten, alten Aufzeichnungen, Fahrplänen, Bestelllisten und dergleichen konnte dem Besucher vieles klarer dargestellt werden. Vielleicht liest ein Nachkomme von Carl Felix aus Kassel hier mit und meldet sich?

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Fahrplan Beirut-Rayak

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Deutsche Grüsse

Zuletzt besichtigten wir natürlich noch den verbliebenen Bahnhof. Das Wärterhäuschen steht noch, auch der Wasserturm. Wo ehemals die Gleise verliefen, wächst heute schöner Rasen.

 

 

Wünschen wir uns somit am Ende dieser herrlichen Besichtigung, dass noch mehreren erhaltungswürdigen Bauten ein ehrendes Denkmal gesetzt wird. Dass die Libanesen weiterhin aufgeschlossen bleiben, den Mut haben ein Wagnis einzugehen und neue Wege einzuschlagen. Fern ab der Abrissbirne und Planierraupe, damit auch die Kinder der Kinder noch den Glanz und den Zauber der Vergangenheit spüren.

Gruß Karin

 

 

 

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