Diese Ankündigung interessierte mich sehr, zumal die Gemeinde in ihrem monatlichen Rundschreiben noch folgende Informationen zufügte:
Der Bühnen-Poet und Autor Pierre Jarawan, geboren 1985 als Sohn einer deutschen Mutter und eines libanesischen Vaters, liest aus seinem Debutroman »Am Ende bleiben die Zedern«, der 2016 mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet wurde. Der Ich-Erzähler ist Samir. Seine Eltern flohen vor dem libanesischen Bürgerkrieg nach Deutschland bevor Samir geboren wurde. Als er acht Jahre als ist, verschwindet sein Vater spurlos. Zwanzig Jahre später macht sich Samir auf in das Land der Zedern, um das Rätsel des Verschwindens seines Vaters zu lösen. Pierre Jarawan erzählt eine wendungsreiche, anrührende Geschichte über die Suche nach den eigenen Wurzeln, die eng mit den der Geschichte des Nahen Osten verwoben ist. Während seiner Recherche zu diesem Roman wohnte Pierre Jarawan einige Zeit in einem der Gästezimmer der Gemeinde.
Wenige waren gekommen am letzten Samstag, zu wenige – wie ich finde! Viele Ältere wollen am Abend eben nicht mehr aus dem Haus, die Jüngeren haben Familie, haben andere Pläne, vielen ist der Weg nach Beirut auch einfach zu weit, zu nervenaufreibend, zu stressig. Jedoch bin ich davon überzeugt, dass denjenigen, die anwesend waren, die einstündige Vorlesung sehr gefallen hat, neugierig gemacht hat auf mehr und den Ausgang der Geschichte. Einige kannten das Buch bereits oder lesen es gerade, hatten es zum Signieren mit dabei. Konnten bereits Gelesenes gedanklich auffrischen oder wurden zum erneuten Lesen motiviert. Oder so wie ich – hatten keine Ahnung von nichts!
Die vorgetragenen Textpassagen waren sehr geschickt gewählt, immer nur soviel, um die Neugierde zu wecken, die Spannung zu halten und um die Fantasie schweifen zu lassen. Zeitsprünge bei den Texten, zwischendrin eigene mündliche Erklärungen des Autors über Beweggründe und Vorgehensweisen und auch kurze Befragungen der Gäste, ob sich jemand an dieses oder jenes aus dem Krieg oder der schweren Zeit danach erinnern konnte lockerte alles etwas auf, machte es lebendiger, brachte uns den „fremden Mann der da saß“ etwas näher, vertrauter.
Im Anschluss hatte man noch Gelegenheit für eine lockere Gesprächsrunde.
Leider war Herr Jarawan immer im Austausch mit anderen Menschen, gerne hätte ich auch das eine oder andere kurze Wort mit ihm gewechselt. Aber wer weiß, vielleicht handelt sein zweiter Roman, der momentan am Entstehen ist, ebenfalls aus dieser Gegend und wir sehen uns ein zweites Mal wieder. Weitere Infos bekommt man auf seiner website, auch bei YouTube kann man unter dem Titel „Auch meine Eltern“ eine sehr interessante Seite seiner Lebensgeschichte erfahren.
Eigentlich wäre ich nach der Buchvorstellung am liebsten direkt nach Hause zum Lesen. Pierre Jarawan hatte jedoch keine Bücher zum Verkauf im Reisegepäck mit dabei. Sehr schade, sehr bedauerlich. Da wurde seitens der Organisatoren einfach nicht dran gedacht, dass es für „Normalos“ einfach schwierig und kostenintensiv ist, sich Pakete aus Deutschland schicken zu lassen. Doch zum Glück bekam ich das Buch von meiner Freundin ausgeliehen und somit verbrachte ich den letzten Sonntag bis auf die Mahlzeiten komplett lesend im Bett zu, heute Morgen nach dem Frühstück noch die letzten 40 Seiten, dann war es geschafft. Nun liest mein Göttergatte und ich kann schreiben. Ich wurde von den ersten Buchseiten an gefesselt, war neugierig auf mehr, aufs Ende. Ich erkannte mich als Deutsche in Deutschland und als Deutsche im Libanon. Kannte die Situation Ausländer in Deutschland und im Libanon lebend. Ich habe so oft geschmunzelt, aber auch Tränen vergossen, ich war so in dem Buch gefangen, vergaß die ganze Welt um mich herum, das ganze Denken handelte von der Geschichte. Ich habe das Positive an diesem Land wieder neu entdecken können. Die Gastfreundschaft, die ursprüngliche Herzenswärme der Menschen, die jedoch aufgrund der täglichen Probleme, der Existenzängste, der Hektik, dem Stress und dem Geltungsdrang leider vielen Menschen verloren ging. Habe mich an die wunderbare Natur erinnert und mir fest vorgenommen nochmals in die Zedern zu fahren und dann schweiften die Gedanken zu unserem kleinen libanesischen Zedernbӓumchen im Garten in der schwäbischen Heimat ab. Möge es weiter gedeihen und uns später an die vielen Jahre hier im Libanon erinnern.
Gruß Karin
P.S. Würde mich über Kommentare freuen von denjenigen, die das Buch gelesen haben. Aber natürlich auch sonst, darf hier jeder seine Meinung zu meinen Beiträgen abgeben.