Das Gelbe Haus in Beirut

„The Yellow House“ – wie es umgangssprachlich unter Kennern genannt wird – wurde 1924  von einem libanesischen Architekten erbaut und 1932 von einem anderen Konstrukteur um zwei weitere Etagen aufgestockt. Die ockergelben Sandsteine, die zum Bau verwendet wurden, gaben dem Gebäude seinen Namen. Es steht genau an der Kreuzung Damascus- und Independence Street, somit in Verlängerung zum deutsch-französischen Friedhof und somit ebenfalls an der, zu Kriegszeiten genannten, grünen Grenze.

2 - 2018

Es war besetzt durch die Scharf- und Heckenschützen und diente als Vorposten. Somit ist es nicht verwunderlich, dass das Haus durch den Krieg stark beschädigt wurde. Auch der Zerfall aufgrund des Alters und Zerstörung durch Vandalismus Ende der 1990er Jahre setzten dem Gebäude stark zu. Gerettet wurde es durch Bemühungen der Stadt Beirut und Bürgergesellschaften, indem es im Jahr 2003 zu einer Zwangsenteignung aufgrund bürgerlichem Interesse kam.

Kriegsruinen dieser Art, vor allem in der Innenstadt Beiruts, hatten bis dahin meinst nur ein Schicksal. Einreißen und platt ebnen um somit teuren, begehrten Bauplatz für noch höhere, noch moderne Prunkbauten anbieten zu können. Die schönen alten, charmebehafteten Häuser wichen mehr und mehr dem Straßenbild. Zum Glück gibt es immer Personen, die für eine gute Sache kämpfen.

Mit der Enteignung, damit das Gelbe Haus nach der Restauration als Zeitzeuge und Mahnmal erhalten bleiben kann, wurden verschiedene Auflagen erstellt, z. B. dass es als Museum und Kultur- und Veranstaltungsort genutzt werden kann.

Das Projekt wurde somit 2008 in Kooperation der Stadt Beirut und der Stadt Paris initiiert und nannte sich dann „Beit Beirut“. Was im Arabischen so viel wie „Haus Beirut“ bedeutet.

Heute besticht dieses Haus mit seiner ungewöhnlichen Struktur mit einem Mix aus einheimischer, sehr moderner und „Kriegs“-Architektur. Denn die Soldaten, die das Haus während des Krieges besetzten, mussten mit unkonventionellen Baumitteln ausbessern.

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Das Gebäude beinhaltet eigentlich zwei Häuser in einem. Nach dem Eingang gingen damals links und rechts mächtige Treppen hinauf, diese sind inzwischen fast komplett eingestürzt. Heute kommt man mit mehreren Fahrstühlen oder einer großen Treppe vom Innenbereich in die verschiedenen Stockwerke.  Die zentrale Achse des Gebäudes führt in den Innenhof des Hauses und ist komplett offen bis unter den Himmel. Eine Dachterrasse rundet alles ab.

Die Fassade des Mittelteiles, die beide Häuser miteinander verbindet, ist zur Straße hin somit offen und nur mit markanten Säulen gestaltet, die weithin sichtbar sind. Welcher Baustil zur damaligen Zeit! In die hintere Ecke des Gebäudes wurde, meiner Meinung nach, ein zu modern gestalteter Komplex angebaut, jedoch passend zu dem Stahl, der sonst zur Restauration sowie für Türen oder Fenster verwendet wurde.

Manche Fotos musste ich durch verschmutzte Fensterscheiben knipsen, daher sind sie milchig und verwaschen.

Hier der Link zu  Beit Beirut , falls jemand näher nachlesen möchte.

Und genau an diesem Ort findet derzeit eine Gemäldeausstellung  mit dem Titel „Echo of the Silence“ von dem libanesischen Maler Brahim Samaha statt. Der Künstler war selbst anwesend und ich bekam die Erlaubnis, einen Teil seiner 20 Exponate zu fotografieren. Für sich selbst scheint mir der gute Mann jedoch etwas kamerascheu zu sein, vehement wehrte er ab, als ich nach einem Foto mit ihm fragte.

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Beirut, die Stadt aller Stimmen und Klänge, die Stadt, wo sich die Resonanz der Sprachen der Welt mit dem Klang der Glocken und religiösen Vorschriften trafen. Ganz Beirut sollte still sein. In ständiger Stille lebt die Erinnerung von hunderten von Generationen, tausenden von Jahren und sich ständig veränderten Erfahrungen…Durch all dies hat sich Beirut immer noch nicht offenbart, noch die letzten Worte ihrer eigenen Geschichte kundgetan.     (freie Übersetzung zur Titelbeschreibung der Ausstellung )

Die Fotos können den Glanz, die Tiefe und je nach Anschauungswinkel die entstandene 3D-Optik nicht einfangen. Gold- und Silberfarbe dominieren, sind jedoch geschickt großflächig oder nur akzentuiert eingesetzt, geben Licht und Schatten und lassen manches Bild sehr edel erscheinen.

Unseren Geschmack traf es trotzdem nicht ganz. Der Sonntagsausflug gestern hatte sich trotzdem gelohnt, auch wenn wir 50 Minuten warten mussten, bis endlich geöffnet wurde. Ein Dutzend Menschen wartete bereits auf dem Gehsteig und machten den Wachmann schon ganz nervös, bis dieser dann doch endlich erfolgreich den Verantwortlichen zum Öffnen des Gebäudes vor Ort zitieren konnte.  Das ist halt Libanon!

Im Erdgeschoss war noch eine kleine Ausstellung mit uralten Porträtfotos und allerlei Auftragszetteln, Rechnungen und dergleichen von AGFA und KODAK. Zu Beginn stand dieses Foto mit der Ansicht von 1960. Im Erdgeschoss vom Haupteingang die 2. Tür rechts mit dem gelben Schild, war damals der Laden und diese Exponate fand man dort.

1 - 1960

Mal schauen, was wir als nächstes hier noch so entdecken,

bis dahin, Gruß Karin

 

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