Im Rundschreiben der Evangelischen Gemeinde zu Beirut wurde bekannt gegeben, dass die Verwaltung des deutsch-französischen Friedhofs in Beirut an der Rue Damaskus seit geraumer Zeit in den Händen einer gemeinsamen Kommission der beiden Gemeinden liegt. Im Verlauf des Jahres konnte nicht nur die Neugestaltung des Friedhofs organisiert werden, sondern auch ein Buch zur Geschichte desselbigen in Auftrag gegeben werden. Dies sollte im Rahmen einer Feierstunde vorgestellt werden und da wollte ich unbedingt dabei sein. In den 12 Jahren während meinem letzten Libanonaufenthalt konnte ich den alten Friedhof nie besichtigen. Zum einen wohnte ich immer viel zu weit weg, zum anderen wusste ich nie wo er sich genau befindet, auch ist dessen Tor normalerweise verschlossen und wird erst durch einen Anruf bei einem Hausmeister geöffnet. Von der Straße nicht einsehbar, da eine sehr hohe Mauer mit festem Tor das Areal zum Gehweg und der stark befahrenen Straße abschirmt und nur ein kleines Schildchen über dem Eingang den Weg weist, waren im Gegenzug letzten Samstag die Tore weit geöffnet und unser derzeitiger deutscher evangelischer Pfarrer Jonas Weiss-Lange begrüßte mich herzlich.
Mir wurde trotz Zeitnot erklärt, dass bereits die Tür und der gesamte Eingangsbereich neugestaltet wurde, ein gepflasterter Weg und Sprinkleranlagen errichtet wurden und auch sonst dem „Dschungel“ zu Leibe gerückt wurde. Lange konnten wir natürlich nicht näher darauf eingehen, denn hohe Würdenträger, Botschafter und geladene Gäste wurden erwartet. Bis zur offiziellen Eröffnung las ich noch die ebenfalls neuen Infotafeln – über die dortigen Schreibfehler muss hinweggesehen werden – und freute mich über nähere Informationen.
Was war ich doch erstaunt zu lesen, wie es zu diesem „Evangelischen Friedhof der Ausländer“ kam und vor allem, dass dieses Jahr seinem 150. Jahrestag bedacht werden kann!
Dann schritt ich noch durch die Grabreihen und war fasziniert, solche Denkmäler vorzufinden. Welcher Gegensatz zu den Hochhäusern der Umgebung!
Auch die sogenannten Soldatengräber aus den Weltkriegen sah ich mir an, hier findet jedes Jahr zum Totensonntag eine Kranzniederlegung statt.
Von anderen Gästen erfuhr ich, dass die meisten Soldaten den 1. Weltkrieg überstanden, die Briten die Herrschaft hatten und dann eine Seuche ausbrach, welcher viele Menschen dann im Lazarett zum Opfer fielen. Welch ein Schicksal!
An weiteren Ruhestätten lief ich vorbei und immer wieder fragte ich mich, was die Menschen damals wohl bewog, in ein so fernes und fremdes Land zu reisen und welche Strapazen sie auf sich nahmen und welchen Mut sie damals bewiesen.
In der Zwischenzeit begannen die Eröffnungsreden auf der ebenfalls neu gestalteten Terrasse des Gerätehauses. Die Gäste saßen auf bereitgestellten Gartenstühlen auf dem Rasen. Der französische und der deutsche Pastor sprachen, der deutsche Botschafter, Vertreter von Organisationen, ein kirchlicher Würdenträger spendete seinen Segen. Leider fanden fast alle Reden in französischer Sprache statt und somit konnte ich nicht viel verstehen, sehr schade!
Von einem französischen Chor hörte man zwei hervorragend gesungene Lieder, da hätte ich gerne noch länger lauschen wollen.
Dann wurde das Buch von einem der Autoren vorgestellt.
Leider auch nur auf Französisch, doch im Anschluss erfolgte der Verkauf und ich konnte einen Blick in das Werk werfen. Wie viele informative Bücher im Libanon, ist es in verschiedenen Sprachen geschrieben – in diesem Fall auf Arabisch, Französisch und Deutsch und ich werde mir dieses einmal ausleihen und lesen. Abschließend wurde von der Deutschen Gemeinde noch ein Olivenbäumchen gepflanzt.
Der neugestalteten Urnenwand wurde bedacht
und dabei sah ich das gerade mal drei Wochen alte Grab von einer Frau, die ich durch die Gemeinde und die Frauenvereinigung kannte. Der Duft der zahlreichen Blumen von einem anderen, gerade mal 2 Tage altem Grab, wehte über das ganze Gelände. Sehr schön, wenn der Friedhof auch weiterhin bestehen bleibt.
Unter den Gästen war eine gute Bekannte, diese zeigte mir zwei weitere Gräber von Frauen, die ich von der Vereinigung kannte, die in den letzten Jahren verstarben.
Zum Abschluss stieg ich noch auf die Dachterrasse des Gerätehauses und schaute mir die Friedhöfe sämtlicher Religionen ringsum an, doch am schönsten war der Ausblick durch die hohen Bäume auf „unseren“. Ich fühlte mich sichtlich wohl, eine friedliche Atmosphäre lag auf allem.
Umso friedlicher, dass ich in heutiger Zeit einfach durch die Friedhofstore wieder hinaus auf die Rue Damas treten kann. Sie war während dem Bürgerkrieg von 1975 bis 1990 die grüne Linie, der sogenannte Todesstreifen, der Ost- und West-Beirut voneinander trennte. Kein Wunder, dass manche Gräber so zerstört oder mit Einschusslöchern versehen sind. Anscheinend wurden auch Milizen auf dem Friedhof einquartiert und je nach Religion, sind diese wohl nicht besonders pfleglich mit den Gräbern umgegangen, aber ich möchte hier niemandem etwas unterstellen.
Sobald ich die Genehmigung von „Der Tagesspiegel“ erhalten habe, werde ich deren Artikel vom 09.11.2015 mit dem Titel „Beirut, die unsichtbar geteilte Stadt“ hier verlinken.
So, die Genehmigung ist da, hier ist der Link Zeitungsartikel
Bis bald, Gruß Karin